Vier Mini-Predigten zum Sonntag Rogate

Sun, 17 May 2020 06:05:04 +0000 von Anne Gerda Schrader

Vier Mini-Predigten zum Sonntag Rogate
von Anne Gerda Schrader und Daniel Becker

1. Rogate: Betet! Teil 1
Betet! Fordert dieser Sonntag von uns.
In der Bibel finden wir hunderte Gebete, alle unterschiedlich. Schauen wir alleine auf die Psalmen. Das sind Gebete, gefüllt mit Klage, Dank, Freude, Lob: „Aus der Tiefe, Herr rufe ich zu Dir“, heißt es da. Oder: „Gott, Du bist meine Zuflucht!“.
Auch von Jesus wird uns berichtet, dass er gebetet hat. Die meisten Gebete spricht Jesus vor dem Essen. „Er nahm das Brot, dankte und brach´s.“

Bei meinen Eltern wird vor jedem Essen gebetet. Ich habe das als Kind nie hinterfragt, es gehörte für mich einfach dazu. „Komm Herr Jesu, sei du unser Gast, und segne, was du uns bescheret hast.“ Vor jedem Essen diese Worte. Mal hat sie nur meine Mutter gesprochen, mal die ganze Familie. Wenn Besuch zum Essen da war, ging das auch so. Das Gebet gehörte einfach dazu wie der Teller, von dem wir gegessen haben.

Als ich erwachsen wurde und ausgezogen bin, habe ich dieses Tischgebet nicht mitgenommen. Es passte nicht in Studentenkneipen und multikulturelle Freundeskreise. Auch nicht in die Mensa und wenn ich alleine am Frühstückstisch saß kam es mir auch nicht von den Lippen.
Bin ich nach Hause in die Heimat gefahren, habe ich nachgeschaut, ob es noch da war. Ich habe mich mit der Familie an den Tisch gesetzt, und dann war es soweit. Ich habe die vertrauten Worte mitgebetet und mich gefreut, dass sie sich so gut anfühlten.

Heute stehe ich hier in der Kirche und bin Pastorin. Da bete ich ziemlich häufig: in Gottesdiensten oder bei Besuchen. Manchmal auch vor dem Essen, bei einer Feier, wenn die Familie mich darum bittet.

Wie ist das bei euch? Betet ihr?
Ich habe mich mit ein paar Menschen aus meinem Umfeld unterhalten. 
Da kam: (Daniel) „Bei mir zuhause wurde eigentlich nicht gebetet. Jetzt bete ich an den Hoch- und Tiefpunkten im Leben.“
(Nina) „Ich bete am liebsten in Gemeinschaft, auf Freizeiten in der Jugendkirche marie.“
(Thomas) „Ich bete, wenn ich draußen bin, unterwegs in der Natur.“

So unterschiedlich, wie die Gebete in der Bibel sind, so unterschiedlich betet auch ihr. Zuhause oder unterwegs, im Stillen oder laut. 
Ich denke es ist nicht wichtig, wann oder wie oft wir beten. Es geht um unsere persönliche Beziehung zu Gott.
Amen.

2. Rogate: Betet! Teil 2
Momentan darf ich ganz viel für Andere beten. Mir werden über Instagram oder Facebook Gebetsanliegen geschickt, die ich dann mitnehme. Hierher, in die Münsterkirche. Für jedes zünde ich eine Kerze an und bete.

Im Gebet können wir Gott alles sagen. Wenn ich an das Tischgebet meiner Kindheit denke, dann steht der Dank im Vordergrund. Denke ich an meine Gebete heute merke ich, dass ich gerne Aufträge verteile. Und damit bin ich nicht allein. Wir wissen es ja oft besser und sagen Gott ziemlich gerne, was er zu tun hat. Was er machen soll, damit es uns gut geht und eigentlich auch der ganzen Welt. 
Leider funktioniert das nicht so gut. Diese Gebete scheinen ins Leere zu laufen.

In Psalm 66 heißt es: „Gelobt sei Gott, der mein Gebet nicht verwirft noch seine Güte von mir wendet.“

Gott hört uns zu. 
Auch, wenn wir das nicht dadurch merken, dass er unsere Gebets-Aufträge ausführt. Er „verwirft unsere Gebete nicht“, das heißt, er tut unsere Bitten nicht gleichgültig ab. 

Im Gebet können wir ganz ehrlich sein. Ehrlich auf uns und auf unseren Tag schauen. Ehrlich sagen, was unser Herz wünscht. Wir können sogar ehrlich sein mit Gott. Er hält das aus. Wir können ihm sagen, wenn wir etwas nicht verstehen. Wir können ihm unsere Wut entgegenwerfen, unsere Verzweiflung hinlegen. Auch, wenn er dann nicht so handelt, wie wir uns das wünschen – er hört uns zu. Er ist uns ein gegenüber, eine Freundin, die einem nichts übel nimmt.

Meistens bete ich, wenn ich mich schlafen lege. Ohne feste Formel, einfach mit meinen eigenen Worten. Ich lege den Tag zurück in Gottes Hand. Das hilft mir ruhig zu werden und loszulassen. Ich spüre, dass Gott mir zuhört und mich behütet.

Es gibt aber auch Tage, da fehlen mir die Worte. Wenn es besonders chaotisch ist oder traurig oder ich nicht weiß, was ich sagen will. Auch da hat Gott für uns gesorgt. Jesus hat uns die Worte des Vaterunsers an die Hand gegeben. In diese Worte kann ich all meine Gedanken und Gefühle legen. Kann abgeben und muss nicht bestimmen, wie es ausgeht. 
Sein Wille geschehe.
Wie es auch kommt, Gott ist bei uns.
Amen

 
3. In der Stille beten
Beten, das Hinwenden zu, das Sprechen mit Gott. 
Bei der Frage danach was beten sei, sind das uns allen wohl bekannte Formulierungen. Das Gebet ist wohl eine der ureigensten Äußerungen des Glaubens in einer jeden Religion.

Wir kennen die Psalmen und andere große Gebete aus der Tradition des Judentums, uns sind die mehrmaligen täglichen Gebete der Muslime bekannt und auch uns ist das gemeinsame Beten des Vater Unsers oder das stille Gebet, allein mit Gott, wohl vertraut.

Beten, das ist „Sein vor Gott“. Sich in einen transzendenten, zeitlosen Raum zwischen uns und Gott begeben. In diesem Raum sind häufig gar nicht viele Worte oder gar eine Antwort Gottes nötig. Wir spüren Nähe, Geborgenheit. Wir geben all das, was uns bewegt zu Gott und befreien dadurch unsere Herzen. Wir kommen zu Besinnung, können frei Atmen und fühlen uns frei.

Genauso hat es Jesus vor wichtigen Entscheidungen getan. Wie viel Gebet hinter alle dem steckte was er tat, wird bei einem genaueren Blick auf die Evangelien deutlich:
In der Nacht bevor Jesus seine Jünger beruft, ging er auf einen Berg, „... um zu beten.“ (Lk. 6,12)
Um sich über den weiteren Weg, den Jesus und seine Jünger einschlagen werden, Gedanken zu machen, stand er „am Morgen, noch vor Tage, ... auf und ging hinaus. Und er ging an eine einsame Stätte und betete dort.“ (Mk. 1,35)
Als Jesu Jünger noch zweifelten, trotz der Speisung der 5000, schickt er sie allein auf den See und geht, bevor er über das Wasser zu ihnen auf den See kommt, „... hin auf einen Berg, um zu beten.“ (Mk. 6,46) 
Und auch in der Nacht in der er verraten wurde, zieht sich Jesus in Gethsemane zum Gebet zurück (Mt. 26,39)

Jesus zieht sich zurück, bringt seine Gedanken, seine Sorgen, „so gehe dieser Kelch an mir vorüber“ (Mt. 26,39) im Gebet vor seinen Vater und begibt sich damit an einen Ort, an dem nichts zwischen ihm und Gott steht, an dem tiefes Vertrauen herrscht. 

Wie wir hören konnten, zieht sich Jesus nicht nur einmal zum Gebet auf einen Berg zurück. Wenn wir auf uns schauen, bietet der Solling, ganz in der Tradition Jesu, sicher ebenfalls viele schöne Möglichkeiten uns vor wichtigen Entscheidungen auf einen Berg, an einen einsamen Ort zurückzuziehen, ins Gebet zu gehen und sich Gott und damit auch uns selbst hinzuwenden.

Amen.
 

4. Zu Psalm 23
Ich lese Worte aus dem Psalm 23:
Der Herr ist mein Hirte,
mir wird nichts mangeln.
     Er weidet mich auf einer grünen Aue
     und führet mich zum frischen Wasser.
Er erquicket meine Seele.
Er führet mich auf rechter Straße um seines Namens willen.
     Und ob ich schon wanderte im finstern Tal,
     fürchte ich kein Unglück;
denn du bist bei mir,
dein Stecken und Stab trösten mich.
     Du bereitest vor mir einen Tisch
     im Angesicht meiner Feinde.
Du salbest mein Haupt mit Öl
und schenkest mir voll ein.
Gutes und Barmherzigkeit werden mir folgen mein Leben lang,
und ich werde bleiben im Hause des Herrn immerdar. 
Amen.

In diesem Psalm wird ein Lebensweg in Bildern beschrieben. 
Von guten Zeiten auf der grünen Aue ist die Rede.
Von dunklen Zeiten im finsteren Tal ist die Rede.
Aber über allem steht die Überschrift:
„Der Herr ist mein Hirte; mir wird nichts mangeln.“
Was für ein Vertrauen.
Und dieses Vertrauen wird nicht ins Leere gesprochen, sondern steht auf gutem Grund: 
„Du bist bei mir, dein Stecken und Stab trösten mich.“
„Der Herr“ wird zum „Du“, der an unsrer Seite geht.

Gott hat versprochen, uns auf unserem Lebensweg zu begleiten.
Das bedeutet für ihn nicht, dass er uns vor allem Schlechten bewahrt – dann wäre das kein echtes, selbstbestimmtes Leben. Da gibt es mal tiefe Täler und finstere Zeiten. Selbst im Angesicht unserer Feinde deckt Gott uns einen Tisch.

Und auch, wenn wir mal die Hoffnung verlieren sollten, können wir darauf vertrauen, dass Gott uns tröstet und an unserer Seite ist.
Dann kommen auch wieder grüne Auen und gute Zeiten. 
Auch in denen lässt Gott uns nicht allein.
Wenn wir Psalm 23 beten machen wir uns bewusst, dass Gott in allem bei uns ist.
Amen.

Nach jedem Impuls

Gebet
Gott, du bist für uns wie ein Vater, 
der für uns da ist.
Du weißt, wer leidet 
und wer deine Hilfe braucht.

Gott, du bist für uns wie der Sohn, Jesus Christus,
der an unserer Seite geht.
Du hörst unsere Sorgen
und du kennst unsere Wünsche.

Gott, du bist für uns wie der Heiliger Geist,
der um uns herum saust und braust.
Du wehst Schwere von unseren Schultern
Und bläst gute Ideen in unsere Herzen.

Vater unser im Himmel
Geheiligt werde dein Name.
Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe,
wie im Himmel, so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich
und die Kraft und die Herrlichkeit
in Ewigkeit. Amen.

Segen
Der HERR segne dich und behüte dich; 
der HERR lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig; 
der HERR hebe sein Angesicht über dich und gebe dir Frieden.
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