Pfingstbrief der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen

Sat, 30 May 2020 05:35:10 +0000 von Daniel Konnerth

Einbeck. Ein großer ökumenischer Gottesdienst am Pfingstmontag, wie es ihn in Einbeck seit vielen Jahren gibt, kann in diesem Jahr leider nicht stattfinden. Der für den 1. Juni in der katholischen Kirche St. Josef angekündigte Gottesdienst fällt leider aus. Für Menschen aus den drei beteiligten Konfessionen reicht der Platz unter den zur Zeit geltenden Abstandsregeln nicht aus. Die Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Einbeck (ACK) hat sich überlegt, stattdessen die Kirchen zu öffnen und einen Pfingstbrief zu schreiben. Hier kann man den Pfingstbrief lesen und/oder herunterladen.
Demokratisierung des Glaubens
Pfingsten ist für mich u. a. so etwas wie die Demokratisierung des Glaubens. Der Geist Gottes ist nicht mehr auf einzelne, erwählte Personen beschränkt. Nun hat jeder Gläubige Anteil an ihm. Der Prophet Jeremia hat dies vorausgesagt: „Es wird keiner den andern noch ein Bruder den andern lehren und sagen: »Erkenne den HERRN«“ (Jeremia 31,34).
Petrus hat dies dann in der Pfingstpredigt mit dem Zitat aus dem Buch Joel bestätigt (Apostelgeschichte 2,14 ff.). Seit Pfingsten haben es die „einsamen Rufer in der Wüste“ schwer. Sie können sich nicht mehr auf ihren vermeintlichen Erkenntnisvorsprung durch besondere Nähe zu Gott berufen. Reden Gottes erfährt man nun im gemeinsamen Ringen der Glaubenden um die Wahrheit. Jeder von ihnen hat den Geist. Deshalb gilt es im gemeinsamen Reden und Hören herauszufinden, was dieser Geist den Gemeinden sagt. Selbst ein Mann wie Martin Luther hielt sich nicht für denjenigen, der alles besser wusste. Er soll ja angeblich gesagt haben: „Hier stehe ich und kann nicht anders.“ Das klingt wie einer gegen alle. Doch sein Thesenanschlag war eigentlich nur ein Aufruf zur Diskussion – und selbst auf dem Reichstag zu Worms hat er seine Gesprächsbereitschaft bekundet: „… wenn ich nicht durch Zeugnisse der Schrift und klare Vernunftgründe überzeugt werde.“ Mit den richtigen Argumenten hätte er sich überzeugen lassen. Der Apostel Paulus rät bei Offenbarungen, Zungenrede, Prophetie u. ä.: „… und die anderen lasst darüber urteilen“ (1. Korinther 14,26-29). Pfingsten stellt den einzelnen in die Gemeinschaft der Glaubenden und nötigt alle zum gemeinsamen Ringen um den richtigen Weg.
Lothar Leinbaum
Ev.-freikirchl. Gemeinde


Dieses Kribbeln im Bauch, das man nie mehr vergisst…
Vor ein paar Jahren hatte ich die Ehre und die Freude, bei einem unserer ökumenischen Pfingstgottesdienste in St. Josef zu predigen. Wir haben Ahoi-Brause in der Kirche verteilt – und sind gemeinsam in die Vergangenheit gereist. So ein Tütchen Brause erinnert mich an meine Kindheit, an den Sommer, an Sonne, an Badeanstalt, an erste Liebe, einfach an das Kribbeln von früher. Pfingsten ist das Fest der christlichen Kirchen, an dem wir eigentlich nichts anderes machen als dieses: Brausepulver schlecken und uns zurückerinnern an das Kribbeln von früher. „Und es geschah plötzlich ein Brausen vom Himmel…“ (Apostelgeschichte 2,2). Für mich ist das ein Bild, das mich in meiner Arbeit, in meinem Glauben und Leben trägt. Es ist bei uns fast zu einem geflügelten Wort geworden. Wenn ich mich aufmache in die Gemeinde, fragen meine Kinder: „Hast du auch genügend Brausepulver dabei?“
Ja, darum geht es im Glauben, Zeugnis abzulegen vom Brausen des Anfangs, aber auch das Kribbeln selber zu spüren und weiterzugeben. Es ist fast egal, ob ich Konfirmandenunterricht mache, einen Gottesdienst in einer unserer Kirchen oder Kapellen erlebe oder auf dem Friedhof bin: Es darf kribbeln, dann ist Gottes guter Geist da. Ich weiß, immer genügend Brausepulver dabeizuhaben, ist gar nicht so einfach. Denn mitnehmen kann ich ihn gar nicht, Heiligen Geist kann ich mir nur schenken lassen. Aber wenn ich die Sehnsucht nach dem Kribbeln des Anfangs in mir wach halte, gibt Gott sein Brausepulver dazu. Ahoi und frohe Pfingsten!
Daniel Konnerth
Ev.-luth. Gemeinde


Pfingsten – Heilige Geistkraft, die zusammenhält
Mein großer Traum ist es, viele Sprachen richtig gut zu sprechen, sodass ich die Feinheiten genau kenne und mein Gegenüber besser verstehe, weil ich auch das Unausgesprochene erkenne. Das gelingt, wenn ich nicht mehr in meine Muttersprache übersetze, sondern die Sprache der anderen in meinem Herzen gleichrangig mit meiner Muttersprache habe.
So muss es damals geschehen sein, als Jesu Jünger Pfingsten erlebten. Da waren Menschen aus vielen Regionen der Welt in Jerusalem. Viele Sprachen wurden dort gesprochen. Als die Jünger Jesu und vielleicht auch die Jüngerinnen erzählten, was sie mit Jesus erlebt hatten, da gelang es, dass Menschen mit verschiedensten Muttersprachen verstanden, was da gesagt wurde. Und es drang tief in ihr Herz.
Unsere verschiedenen Konfessionen der christlichen Kirchen sind wie unterschiedliche Sprachen. Wir verstehen sie, wenn wir uns einfühlen und uns die „Sprache“ ihrer Tradition erarbeiten. In diesem Licht der „Sprachen“ der anderen sehen wir unsere eigene Tradition aus einer neuen Perspektive und lernen von den anderen.
Im Johannesevangelium im 14. Kapitel ist überliefert, wie Jesus für seine Leute damals beschreibt, was werden wird, wenn er nicht mehr auf der Erde ist. Da wird Gott einen Tröster in die Welt senden. Dieser Tröster ist Gottes Heilige Geistkraft. Sie lehrt uns Menschen, was Jesus Christus, das lebendige Wort Gottes, für uns bedeutet. Jede unserer Konfessionen ist ein Ausdruck dieses lebendigen Wortes. Die Heilige Geistkraft erschließt uns die „Sprachen“ der anderen. Sie zeigt uns die Liebe Gottes in unseren Glaubensgeschwistern. So verstehe ich Pfingsten. Ich wünsche Ihnen und uns, dass wir gemeinsam erleben, wie uns diese Heilige Geistkraft zusammenbringt und vereint in aller unserer Vielfalt.
Annegret Kröger
Ev.-luth. Gemeinden Region Leinetal-Ahlsburg


Der Geist des Herrn erfüllt das All
Bei der Schöpfung Gottes schwebte er über den Wassern, durch die Propheten hat er gesprochen, den Sohn Gottes erfüllte er und war ihm Antrieb bei seinem Erlösungswerk, das Wirken der jungen Kirche hat er geführt – und auch heute dürfen wir ihn am Werk wissen.
Das ist von größter Bedeutung, denn ohne sein „lebendig Wehn kann im Menschen nichts bestehn, kann nichts heil sein noch gesund“, wie es die Pfingstsequenz zum Wirken des Heiligen Geistes besingt.
Pfingsten ist das Geburtsfest der Kirche.

Pfingstsequenz
1. Komm herab, o Heilger Geist, der die finstre Nacht zerreißt,
strahle Licht in diese Welt.

2. Komm, der alle Armen liebt, komm, der gute Gaben gibt,
komm, der jedes Herz erhellt.

3. Höchster Tröster in der Zeit Gast, der Herz und Sinn erfreut
köstlich Labsal in der Not,

4. in der Unrast schenkst du Ruh, hauchst in Hitze Kühlung zu,
spendest Trost in Leid und Tod.

5. Komm, o du glückselig Licht fülle Herz und Angesicht
dring bis auf der Seele Grund.

6. Ohne dein lebendig Wehn kann im Menschen nichts bestehn,
kann nichts heil sein noch gesund.
Ewald Marschler
Röm.-kath. Gemeinde

Hier kann man den Pfingstbrief als PDF-Datei herunterladen.

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