Zweite Sommerkirche war „pink“

Tue, 28 Jul 2020 07:19:06 +0000 von Anne Gerda Schrader

In der Marktkirche fand am vergangenen Sonntag die zweite Sommerkirche zum Thema „farbenfroh“ statt. Dieses Mal wurde es pink. Die Kirche wurde ausgeleuchtet und mit Stoffbahnen geschmückt. Pastorin Anne Schrader, Lektor Echkard Senger und ein Quintett der Bläsergemeinschaft Kuventhal-Einbeck verfolgten zusammen mit den Gottesdienst-Besucher*innen den pinken Faden in der Bibel.
Wenn Sie mögen können Sie hier die Predigt und das Fürbittengebet nachlesen. 
„Besonders habe ich mich über die vielen pinken Akzente gefreut, die die Menschen in die gut gefüllte Marktkirche mitgebracht haben. Da war vom pinken Mundschutz über pinke Kleidungsstücke bis zum pinken Schirm alles dabei.“, erzählt Pastorin Schrader begeistert.
Wir freuen uns schon auf die nächste Sommerkirche zu den Farben grün und blau.

Farbenfrohes Fürbittengebet

Gott,
du schillerst in allen Farben, die wir uns vorstellen können.
 
Wir denken an die Menschen, die wegen ihrer Farbe unterdrückt und diskriminiert werden.
 
Wir denken an die Menschen, die Farbe bekennen. Die aufstehen für Gerechtigkeit und Freiheit.
 
Wir denken an die Menschen, die alles schwarz sehen. Die traurig sind und Angst haben.
 
Wir denken an die Menschen, die pink lieben. Die anecken, weil sie nicht ins Bild passen.
 
Wir denken an die Menschen, die Farbe in unser Leben bringen. Unsere Familien und Freunde.
 
Wir denken an uns. Welche Farbe hast Du uns gegeben?
Wie verschieden wir auch sind – wir sind alle Facetten deines Ebenbildes.

Gemeinsam und farbenfroh beten wir mit den Worten Jesu Christi:
Vater unser im Himmel
...
Amen

Predigt „Der pinke Faden“

Predigt 
Gott ist farbenfroh!
Das sehen wir überall um uns herum.
In der Vielfalt seiner Schöpfung, in den Farben des Regenbogens, sogar in der Kirche.
Die Farbe rot steht für den Heiligen Geist.
Lila für Hochfeste
Und weiß für Jesus Christus.
 
Also, trinitarisch gedacht: Eine Mischung aus rot und weiß mit ein bisschen lila, das ergibt doch ganz bestimmt pink!
 
Wikipedia schreibt zur Etymologie des Wortes Pink:
„Das Substantiv pink ist das englische Wort für Nelken. Pinken ist ein im Mittelenglischen gebräuchliches Wort und bedeutet ‚zerschlitzen‘, ‚perforieren‘. Der Name der Pflanze bezieht sich also auf den typischerweise geschlitzten oder zerfransten Rand ihrer Blüte. Als Blumenname ist pink im Englischen seit 1573 nachgewiesen. 1681 tritt das Wort zum ersten Mal in der Kombination pink-coloured als Farbbezeichnung auf.“
 
 
Eva, 
Saraj, bzw. Sarah,
Hagar,
Rebekka,
Dina,
Deborah,
Rut,
Hanna, 
Judith,
Ester.
 
Das sind 10 Frauen, die alleine im Alten Testament tragende Rollen haben.
Im Neuen Testament kommen noch viele dazu.
Gleich zu Beginn Maria, die Mutter Jesu,
und Elisabeth, die Mutter Johannes.
Dann die die Jüngerinnen
Maria von Magdala,
Johanna ?
Die Schwestern Maria und Marta,
Diakoninnen wie Phöbe,
Gemeindeleiterinnen wie Lydia, die Purpurhändlerin, und Priska, die Zeltmacherin.
 
Die Geschichten der Bibel waren also von Anfang an mit einem pinken Faden durchzogen.
All diese Frauennamen und deren Geschichten wurden in der Bibel tradiert, obwohl die Schriften in patriarchalisch geprägten Gesellschaften weitergetragen wurden.
Wir haben von einigen sogar biographische Angaben und außerbiblische Quellen, die deren Existenz und Wirken bestätigen.
 
Und dann dieser eine Satz, den vielleicht Apostel Paulus gesagt hat. Er steht im Korintherbrief und stellt alles in Frage.
„Die Frau schweige in der Gemeinde (1 Kor 14,34).“
Der pinke Faden durchschnitten.
 
Im selben Brief steht ein paar Verse vorher, was Paulus von Frauen in der Verkündung erwartet. 
Der Neutestamentler Torsten Jantsch schreibt dazu: „Noch in 1 Kor 11 geht es darum, wie Frauen sich verhalten sollen, wenn sie beten oder prophetisch reden. Mit "prophetisch reden" sei die Weitergabe von Einsichten und Erkenntnis gemeint, also verkündigten und beteten Frauen genauso wie Männer öffentlich.“
 
Der pinke Faden wurde weiter aufgenommen, hat sich durchgeschlängelt. Bis heute.
Meine Bibel ist pink, und das ist ok so.
Trotzdem tut sich unsere Gesellschaft bis heute schwer mit der Gleichberechtigung der Geschlechter. Frauen verdienen immer noch weniger als Männer. Ich bin seit Ewigkeiten bei meiner Steuerberaterin – jetzt, wo ich verheiratet bin, wird in Steuerangelegenheiten nur noch mein Mann angeschrieben.

Wir haben uns hier in Einbeck mittlerweile an Frauen im Talar gewöhnt. Genauso an Superintendentinnen,  und Bischöfinnen.

Unumstritten sind Frauen in geistlichen Führungspositionen aber immer noch nicht.
Und das, obwohl sich mittlerweile herumgesprochen hat, dass Frauen wie Männer Jesus folgten. 

Doch wer kennt Priszilla, die Weggefährtin des Apostels Paulus. Wie Paulus war sie Zeltmacherin und wurde dann zur Missionarin. Die Gründung der Gemeinde in Ephesos geht zum großen Teil auf ihr Konto, und doch ist sie nur Wenigen bekannt. Ich kenne viele Kirchen, die ihren Namen dem Apostel Paulus verdanken - eine Priszilla-Kirche ist mir dagegen noch nie begegnet.

Jesus selbst hatte den pinken Faden gesponnen, ihn stark gemacht an Ostern. 

Die Frauen am Grab.
Wir haben grade die Geschichte der Auferstehung Jesu gehört.
Bemerkenswert ist, dass Jesus selbst erst einmal gar nicht vorkommt, nur sein Fehlen wird bemerkt.
Die Hauptrolle spielen Frauen. 
Bei den Frauen handelte es sich um Maria aus Magdala, um Johanna und um Maria, die Mutter des Jakobus, Salome, Johanna und andere. Ihre Namen werden uns auch schon früher in der Geschichte von Jesu Leben berichtet. Sie gehörten zu seinen wichtigsten Begleitern.
Und hier, an dem Knotenpunkt des Evangeliums, sind sie die ersten, die von der frohen Botschaft erfahren. Jesus ist auferstanden. Er hat den Tod überwunden.
 
Das erklären ihnen die Engel. Die Frauen erschrecken sich natürlich erstmal, aber dann gehen sie los und verkünden die frohe Botschaft den anderen Jüngern. 
Die können es gar nicht fassen. Petrus geht selbst los und guckt im Grab nach, Lukas berichtet, dass der dann nur die Verbände und das leere Grab vorfand.
Die Engel haben den Frauen ja schon alles Wichtige gesagt.

Der Moment, an dem unsere christliche Kirche den entscheidenden Weg einschlug. Christ ist erstanden, er ist wahrhaftig auferstanden.

Die Frauen erfahren es zuerst. 
Sie laufen zu den Aposteln – und ihnen wird nicht geglaubt.
Es ist ja auch eine schier unglaubliche Geschichte, die da geschehen ist.
Eine Geschichte von Tod und Leben,
vom Sieg über den Tod,
von Liebe, die stärker ist als alles, was wir uns vorstellen können.

Auch, wenn die Jünger den Frauen erstmal nicht geglaubt haben – wie gut, dass sich die frohe Botschaft mit ihrem pinken Faden trotzdem verbreitet hat. Durch die Jahrhunderte und Jahrtausende, bis hierher.

Und dann ist es Mitte der 80er Jahre und eine Pastorentochter malt im Kindergottesdienst ein Bild von Gott.
Wolken sind darauf zu sehen, und ein Thron, und darauf ein alter Mann mit Bart.
Dieses Gottesbild hat sich natürlich mit den Jahren verändert.
Nur wenige Jahre später habe ich Gott als Regenbogen gemalt.
Dann als Hand, die die ganze Welt hält.

Und heute?
Wenn ich jetzt ein Bild von Gott malen müsste, dann würde mir das wirklich schwer fallen.
Wir können Gott ja nur in unseren Kategorien, in unseren Bildern denken. Aber zu dem alten Mann mit Bart sind viele weitere Bilder gekommen.

Es hat sich gezeigt, dass ich zwar immer noch mit Papier und Stift, aber weniger zeichnend male. Ich male meine Bilder mittlerweile am besten mit Worten.


Gott ist für mich:

Wind in den Haaren,
das Kitzeln in der Nase, wenn man in die Sonne schaut,
eine warme Hand,
säuselnde Bäche,
strahlend schöne Blumenwiesen,
Kinderlachen,
das Geräusch von Schnee unter den Schuhen,
Worte, die ein schweres Herz wieder leicht machen,
ein eiskaltes, frisch gezapftes Bier,
die Umarmung einer guten Freundin,
Musik, die mich zum Träumen bringt,
ein Herz, das wie wild schlägt, wenn es seine Liebe erblickt,
der wohlwollende Schubs eines Freundes,
Sehnsucht,
Licht in Dunkelheit,
ein bunter Regenbogen
und tiefes Ozeanblau,
und mal leises mal lautes Pink.


 
Es dauert ein bisschen, aber es hat sich schon viel getan.

Gott hat uns Menschen geschaffen, in allen Facetten des Regenbogens, auch in pink. Zu seinem Ebenbilde.
Und er liebt uns als eben diese.

Er möchte nicht, dass wir einander unterdrücken und begrenzen.
Er möchte, dass wir einander stark machen.
So wie Gott uns groß macht.
Dazu ist Christus wieder auferstanden.

Zum Ende komme ich nochmal auf Paulus zu sprechen.
Im Brief an die Galater schreibt er:

Gal 3,26-29
„Denn ihr seid alle durch den Glauben Gottes Kinder in Christus Jesus. Denn ihr alle, die ihr auf Christus getauft seid, habt Christus angezogen. Hier ist nicht Jude noch Grieche, hier ist nicht Sklave noch Freier, hier ist nicht Mann noch Frau; denn ihr seid allesamt einer in Christus Jesus.“


Amen
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