Predigt zum Sonntag Jubilate

Sun, 25 Apr 2021 14:05:09 +0000 von Anne Gerda Schrader

© Anne Schrader
Predigt aus dem Gottesdienst heute Morgen.
I Konzert in der Münsterkirche
Ach, ich habe das so gut in Erinnerung! 
Großes Konzert in der Münsterkirche.
Die Karten waren ausverkauft. Ich habe mich schick gemacht und war für meine Verhältnisse echt pünktilich da. Trotzdem war das Mittelschiff schon voll besetzt.
Ich saß vorne, im Seitenschiff. Immerhin konnte ich einen Blick auf unsere Stardirigentin Ulrike Hastedt erhaschen, auch die Solokünstler konnte ich teilweise sehen.
Schon bei den ersten Tönen des Orchesters bekam ich Gänsehaut, und als die Kantorei dann anfing zu singen war ich ganz ergriffen.
Bei mir äußert sich innere Ergriffenheit immer auch körperlich. Mir steigen Tränen in die Augen.
Die Zeit vergeht wie im Fluge. Das ganze Konzert ist wie ein Rausch, die ganze Münsterkirche erfüllt vom Gloria, vom Jubel zu Ehren Gottes.
II Italienischer Abend
Ach, ich habe das so gut in Erinnerung! 
Es ist Freitag. 
Hoch die Hände, Wochenende!
Nun gut, meistens muss ich am Wochenende ja auch ein bisschen arbeiten, aber das fühlt sich anders an, als unter der Woche.
Mein Mann und ich sind mit einem befreundeten Pärchen verabredet, beim Italiener, im Restaurant.
Schon wenn man den Laden betritt, fühlt man sich in eine andere welt versetzt. Es ist ein kurzer Italienurlaub. Die Düfte, die lärmenden Menschen, all das wirkt ansteckend.
Wir genießen den Abend in vollen Zügen. 
Wir essen und reden und lachen und stoßen an, auf das Leben.
III Stadion-Feeling
Ach, ich habe das so gut in Erinnerung! 
Der Boden bebt. Ich stehe neben meinem Vater und stampfe mit den Füßen auf den Boden. Genau wie hunderte andere Menschen um uns herum. Im Stadion „An der Bremer Brücke“ in Osnabrück. Alle klatschen und jubeln. Dann fängt einer an, und alle stimmen mit ein:
  • Nur für diesen Verein wollen wir kämpfen und schrein, wir sind alle ein Stück VFL Osnabrück.
Die Fussballspieler laufen am Spielfeldrand auf die Fankurve zu und lassen sich bejubeln.
IV Kein Jubel
Und jetzt?
Kein Jubel weit und breit.
Die Sportstadien sind leer. Wenn überhaupt Teams spielen, dann ohne Publikum.
Die Restaurants haben geschlossen. Überhaupt hat man schon ein schlechtes Gewissen, wenn man sich mit Freunden trifft.
Seit über einem Jahr haben wir hier in der Münsterkirche nicht zusammen gesungen. Mir fehlt das sehr.
Der Jubel über die Schöpfung, über Gottes große Taten kommt mir auch weit weg vor.
Sie kennen mich vielleicht schon ein Weilchen, ich bin eigentlich ein von Grund auf fröhlicher Mensch. Doch irgendwann ist auch mein Optimismus am Ende, meine Hoffnung verglimmt, mein Jubel verstummt.
Das kann doch nicht sein.
Jubilate Deo, omnis terra!
Jubelt Gott, alle Lande!

Jubilate, jubelt, jauchzet, heißt dieser Sonntag.
So unpassend es mir scheint – vielleicht kommt dieser Sonntag jetzt genau richtig!

Die Lesungen heute aus Genesis 1 und aus der Apostelgeschichte.
Gesesis 31: Und Gott sah an alles, was er gemacht hatte, und siehe, es war sehr gut.
Apostelgeschichte 17:
Er ist es doch, der uns allen das Leben, 
den Atem und alles andere schenkt. 

Wir sind von Anfang an gut geschaffen worden.
Gut sind wir gemeint.
Es kann gut werden.
Gott begleitet uns auf dem Weg dahin.
Er hört unsere Klagen, unsere Traurigkeit und unser Flehen.
Er wird wieder jubeln und wir mit ihm zusammen.
Darauf hoffe ich.
VI Stadion-Feeling
Ich komme Donnerstagabend nach Hause und höre schon an der Wohnungstür den Jubel.
Ich folge der Musik und dem Rufen bis ins Wohnzimmer.
Ein herzhaftes Lachen platzt aus mir heraus.
Ich habe gefragt, ob ich das hier erzählen darf:
Mein Mann Daniel sitzt auf dem Sofa.
Er hat sein Fishtown-Pinguins-Trikot an, denn er ist von klein auf großer Eishockey-Fan.
In der Hand hält er eine Dose Bier und vor ihm steht eine frisch gegrillte Bratwurst: Für die Pause.
Da! Die Scheibe landet im Tor:
Daniel springt auf und jubelt!
Das Halbfinale der Play-offs ist zum Greifen nahe!
VII Italienischer Abend
In der Zeit der Pandemie haben sich viele Menschen Hobbies zugewendet. Bei mir ist eine große Leidenschaft das Essen und Trinken.
Schon immer gewesen.
Ich liebe das Leben, vor allem, wenn ich es voll auskosten kann.
Vor einigen Wochen haben wir den „Italienischen Abend“ bei uns zuhause etabliert. Wir kochen, decken den Tisch fein, holen uns leckere Getränke, haben sogar eine extra Playlist dafür erstellt. Von Eros Ramazotti bis Adriano Chelentano ist alles dabei.
Und dann genießen wir den Abend. Mit essen und lange reden und lachen und sogar tanzen!
VIII Konzert in der Münsterkirche
Hier in der Münsterkirche kommt heute nicht so richtig das Gefühl eines großen Konzertes auf. Aber wir haben tolle Musikerinnen, die uns diese Durststrecke erleichtern.
Ulrike Hastedt singt nun für uns.
Ein Lied, das mich schon mein Leben lang begleitet, durch alle Höhen und Tiefen,
durch das Seufzen wie durch den Jubel.

Geschrieben hat es einer, der sich in den Stürmen des Lebens sicher war, dass da jemand ist, der uns beschützt und seine Hand über uns hält, war Dietrich Bonhoeffer. Er schrieb im Gefängnis 1944 ein Lied, das davon zeugt:
Der Kehrvers lautet:
Von guten Mächten wunderbar geborgen,
 erwarten wir getrost, was kommen mag.
 Gott ist bei uns am Abend und am Morgen
 und ganz gewiss an jedem neuen Tag
Amen
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