Gedankensplitter zu Lesung und Lehrtext am 17. April
Sei mir ein starker Hort, dahin ich immer fliehen kann, der du zugesagt hast, mir zu helfen. Psalm 71,3
Der Herr wird mich erlösen von allem Übel und mich retten in sein himmlisches Reich. 2. Timotheus 4,18
Allein am Schreibtisch vor dem Computer und umstellt von Losung und Lehrtext kann man viel erleben, wenn man erst einmal anfängt zu googlen... zum Beispiel den Begriff „Eskapismus“: Damit ist eine besondere Art von Weltflucht beschrieben, also etwa wenn man von 3sat auf ZDF umschaltet, um beim Bügeln Rosamunde Pilcher zu sehen. Dem Wikipedia-Artikel kann man übrigens entnehmen, dass das Wort aus dem „Vulgärlateinischen“ stammt und darin das Wort „Cappa“ enthalten ist, die Ordensmütze. Jemand wirft seine Ordensmütze weg. Es ging also zunächst um die Flucht aus einem Kloster. Gut auch der Hinweis auf ein Buch von Peter Handke zum Thema mit dem Titel: „Ich bin ein Bewohner des Elfenbeinturmes (1972)“. 2020 können wir alle getrost dasselbe behaupten.
Es gibt eine Hitliste der besten Medien, die den Eskapismus unterstützen: Altmodisch sind Krimis und leicht zu lesende Unterhaltungsliteratur, in der Küche hilft ein Radio, gerade noch im Rennen liegt der Fernseher, aber das Internet schlägt alles bisher Dagewesene.
Es fällt auf, dass in der Losung für heute Gott nicht ausdrücklich genannt, sondern einfach vorausgesetzt wird. Und dass die Losungsmacher die Anrede nicht ergänzt haben, ist voll tiefer Weisheit, denn Gott ist kein Medium des Eskapismus. Er ist für uns alternativlos, sich an ihn zu wenden, ist das einzig Mögliche. Glaube stiftet immer diesen Vertrauensvorschuss, der sich über die Lebenszeit selbst hinaus erstreckt.
In unserer aktuellen Situation gibt es viele Brennpunkte, in denen Menschen sich in diesen beiden Versen wiederfinden können. Wer an einem schweren Verlauf von Covid19 leidet, ringt um seinen Atem und mit seiner Angst. Wer als Pflegepersonal und als Mediziner*in sich um schwerkranke Menschen kümmert, hat immer vor Augen, was droht, wenn man sich ansteckt. Angst und Existenzsorgen brechen im Moment bei allen Menschen immer mal wieder auf, besonders abends.
Ein Lieblings-Abendlied von mir ist – neben der unangefochtenen Nr. 1, dem MOND – das Lied „Abend ward, bald kommt die Nacht...“ Dort heißt es: Jesus Christ, mein Hort und Halt, dein gedenk ich nun, tu mit Bitten dir Gewalt, bleib bei meinem Ruh‘n. Das ist genau die Situation.
Woher wusste die Losungskommission das, damals vor zwei Jahren?
Gedankensplitter zu Losung und Lehrtext am 16. April
Weh denen, die weise sind in ihren eigenen Augen und halten sich selbst für klug! Jesaja 5,21
Wir haben nicht empfangen den Geist der Welt, sondern den Geist aus Gott, damit wir wissen, was uns von Gott geschenkt ist. 1. Korinther 2,12
Vielleicht muss man das heutige Losungs-Lehrtext-Paket von hinten her aufdröseln:
Gottes Geist stiftet das Bewusstsein für das, was wir von Gott geschenkt bekommen haben. Glaube ist ein Geschenk. Und das bedeutet, wir können nichts für unseren Glauben. Wir können ihn nicht gegen andere Menschen ausspielen. Er schenkt uns auch keinen Überlegenheitsanspruch, denn er ist unverfügbar, das merken wir, wenn wir ihn vermissen, wenn er schal und schwach wird, wenn der Glaube gegen uns arbeitet – das ist schließlich das, was man „Anfechtung“ nennt. Glaube vertritt in uns die Ansprüche Gottes, setzt sich mit unserem Verstand auseinander, fordert unsere Gefühlswelt und unser Verhältnis zu anderen Menschen.
Geist der Welt kann alles Mögliche sein. Er braucht eine Plattform, bzw. ein Medium. Klatsch und Gespräche, Zeitungen und Bücher, Fernsehen, Radio und natürlich das Internet. Am Geist der Welt wirken wir alle mit. Unsere Ängste und Vorurteile, Wünsche und Abneigungen, unser Machtbewusstsein und unsere Schwächen und unsere Sehnsucht nach Anerkennung; sie befeuern den Geist der Welt und seine sich schnell wandelnde, schöne Gestalt.
Jesaja warnt uns nun im heutigen Losungs-Vers davor, kritiklos mit der eigenen Meinung über alles und jeden umzugehen. Und das gilt seit Jesajas Zeiten und überhaupt. Fake News sind da ein Beispiel, das sofort einleuchtet. Und der Papst der Fake News ist im Moment der Präsident der USA. Aber andere holen auf, Politiker und Meinungsmacher in Strukturen, auch demokratischen, die den Leuten in manipulativer Absicht mit Bausteinen einer machtpolitischen Propaganda zu ihren Gunsten den Kopf verdrehen.
Das hat es immer gegeben und es war in schwierigen Zeiten das Symptom einer Krise. Wie geht man damit um und wie geht man dem nicht auf den Leim? Zu Zeiten von Ostblock und Kaltem Krieg gab es die Radio-Eriwan-Witze. Sie entlarvten lässig ideologische Propaganda-Techniken:
„Frage an Radio Eriwan: Ist es möglich, während der Corona-Krise an ein kleines Vermögen zu kommen? Antwort: Im Prinzip ja, man muss nur vorher ein großes gehabt haben.“
Gesundes Misstrauen gegenüber verbaler Großspurigkeit und eine Portion Humor sind schon mal ein guter Anfang. Und der Prophet Jesaja setzt außerdem auf Selbstkritik und Bescheidenheit.
Gedankensplitter zu Losung und Lehrtext am 15. April
Der HERR, dein Gott, ist bei dir gewesen. An nichts hast du Mangel gehabt. 5. Mose 2,7
Paulus schreibt: In allem erweisen wir uns als Diener Gottes: in großer Geduld, in Bedrängnissen, in Nöten, in Ängsten; als die Traurigen, aber allezeit fröhlich; als die Armen, aber die doch viele reich machen; als die nichts haben und doch alles haben. 2. Korinther 6,4.10
Was gestern undenkbar war, ist heute Normalität. Gestern gab es das Vermummungsverbot und das Verbot von Ganzkörperschleiern, heute gilt das Gebot des Mundschutzes in der Öffentlichkeit und wird von Politikern propagiert. Gestern war der Besuch bei den Eltern Herzenssache, heute sind wir vorsichtig diejenigen zu besuchen, denen wir besonders verbunden sind. Gestern war ein Frisörbesuch Routine, heute ist er nicht möglich.
Der Vergleich „vorher-nachher“ hilft, uns immer wieder in der fremden Gegenwart zurecht zu finden. Im eigenen Gefühlshaushalt herrscht da noch Chaos. Aber vielleicht kann die heutige Losung den Blick zurück schärfen. Sie stammt aus dem Buch Deuteronomium, das sich u.a. mit den Problemen der langen Wüstenwanderung des Volkes Israel beschäftigt. Da ist schon eine zweite Generation herangewachsen, die den Beginn in Ägypten gar nicht erlebt hat. Mose gibt weiter, was Gott sagt und erinnert so das Volk an die Geschichte der Treue Gottes.
Beim Rückblick ziehen wir oft Bilanz – und das ist eine Strategie der Versöhnung, so meine ich. Denn die meisten Erinnerungen sind ehr positiv gefärbt. Das Stichwort lautet „eigentlich“: „Eigentlich ging es uns wirklich nicht schlecht. Eigentlich hatten wir oft Glück, eigentlich hat sich vieles zum Guten gewendet.“ Selbst das Negative kann im Rückblick in ein positives Ergebnis münden: „Wenn das nicht gewesen wäre, wären wir heute nicht hier.“
Paulus, der reichlich Ärger in seiner Missionstätigkeit erlebt hat und das auch in seinen neu gegründeten Gemeinden, kann seine paradoxen Erfahrungen einfach so nebeneinander gelten lassen. So wie es ja auch im Alltag alles erst mal völlig unvermittelt erlebt wird. Die Klammer dafür ist seine Berufung als Diener Gottes.
Wir Kinder Gottes können vielleicht unsere Bilanzen gelassen ziehen, denn der Erfolg liegt in Gottes Hand. Ein bisschen Vertrauen reicht schon. Das Ende ist unweigerlich gut. Alles andere sind Zwischenbilanzen, die sich wieder relativieren.
Realismus, Kritikfähigkeit, Gerechtigkeitsempfinden und Lebensfreude bleiben bei dieser Haltung nicht auf der der Strecke. Denn es liegt in unserer Hand, wie wir uns im Einzelnen zu allem verhalten. Das ist die je individuelle Schwankungsbreite zwischen „nichts haben und doch alles haben“. Und in diesem Punkt vertraut Gott uns. Er ist auch der Hüter unserer Freiheit.
Gedankensplitter zu Losung und Lehrtext am 14. April
Meine Gerechtigkeit ist nahe, mein Heil tritt hervor, und meine Arme werden die Völker richten. Jesaja 51,5
Gelobt sei Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus, der uns nach seiner großen Barmherzigkeit wiedergeboren hat zu einer lebendigen Hoffnung durch die Auferstehung Jesu Christi von den Toten. 1. Petrus, 1,3
Heute, am ersten Werktag der Osterwoche, ist die Losung wieder ein Prophetenspruch. Das Faszinierende an Prophetensprüchen ist ja, dass sie immer wieder neu, durch die Zeiten hindurch, an Bedeutung gewinnen. Sie sind zwar von einem Propheten auf eine bestimmte Situation hin ausgesprochen worden, aber bis heute helfen sie beim Verständnis neuer Zusammenhänge.
Prophetie hat immer etwas Erhellendes oder Kritisches an sich, meistens beides. Deshalb wurde sie auch gesammelt und ergänzt und weitergegeben. Ihre religiöse Würde liegt wohl darin, dass sie sich nicht erschöpft. Der Prophet selbst, seine Zeit, sein Anliegen, seine Persönlichkeit sind längst vergangen. Aber die Worte, die er als Wort Gottes ausgerichtet hat, sie wirken weiter. Sie sind, wie im Lehrtext anklingt, lebendig. Sie haben ein lebendiges Hoffnungspotential.
Stichwort „Gerechtigkeit“: Gottes Gerechtigkeit steht immer im Konflikt mit unseren Ungerechtigkeiten. Nach dem Osterfest müssen wir uns wieder verstärkt diesem Anspruch der Gerechtigkeit zuwenden. Es geht nicht, dass seit Wochen nur ‚erwogen‘ wird, dass EU-Länder unbegleitete und kranke Minderjährige aus den griechischen Flüchtlingslagern aufnehmen! Wir Christen müssen jetzt massiv fordern, dass endlich etwas passiert. Wir können jetzt konkret die Hilfsorganisationen unterstützen, die dort arbeiten und die Menschen in ihrem ausweglosen Schicksal begleitend beistehen – wenigstens das!
Stichwort „Heil“: Das österliche Heil, das wir gerade feiern, ist kein sakrales Museumsstück, sondern eben „lebendige Hoffnung“, wie die Hefe im Teig des Hefezopfs. Wir wissen nicht, wie oder was Auferstehung sein wird, aber wir haben das Beispiel Jesu: So wie er gelebt hat vor seiner Auferstehung, so sind wir jetzt die aktuellen Zeugen und Akteure dieser „lebendigen Hoffnung:
Dazu lese ich abschließend ein Gedicht von Kurt Marti, einem Schweizer Pastor und Dichter.
Ganz viele Einbecker haben sich am Ostersonntag am sogenannten Osterflashmob beteiligt. So erklang auch in Einbeck und auf den Dörfern der Oster-Choral "Christ ist erstanden".
Die Grabung des Stadtarchäologen Markus Wehmer auf dem Baugelände unseres neuen Gemeindesaales ist jetzt abgeschlossen. Es ließen sich, auch für meine Laien-Augen, deutlich erkennbar Schichten abgrenzen. Die unterste Siedlungsschicht stammt aus der Eisenzeit und Markus Wehmer datiert sie auf 500 vor Christus. Es zeigten sich Gruben und Pfostenlöcher und Tonscherben, das Datierungs-Alphabet der Archäologen. Zu dieser Zeit haben also schon Menschen in Einbeck gelebt und Häuser gebaut.
Und nun sind wir dran. Wir bauen ein Gemeindezentrum im Zentrum von Einbeck. Tatsächlich gibt es dann eine Art geistliches Dreieck zwischen der Münsterkirche St. Alexandri plus Gemeindezentrum, der katholischen Pfarrkirche St. Josef samt Gemeindesaal und der Marktkirche St. Jacobi – alles in der historischen Mitte unserer Stadt. An Dienstag geht es los mit den Erdarbeiten für den Saalbau, den Gartensaal.
Die biblischen Ostertexte, die durch meinen Kopf wandern, lösen lauter Assoziationen zum Baugeschehen bei mir aus.
„Gartensaal“ – so nennen wir vom Gemeindehaus-Neubau-Ausschuss inzwischen den Neubau. Und da taucht sofort das Bild von Maria Magdalena auf, die vor Trauer über Jesu Tod den auferstandenen Herrn nicht wiedererkennt, sondern ihn für – ausgerechnet – einen Gärtner hält. (Letztlich irgendwie zu Ehren all der Menschen, die leidenschaftliche Gärtnerinnen und Gärtner sind...) Und wenn ich da weiterdenke, dann kommt sofort ein mittelalterlicher Holzschnitt vor meinem inneren Auge zum Vorschein. Dort ist diese Szene zwischen Jesus und Maria Magdalena so dargestellt, dass Jesus etwas in der Hand trägt, das wir heute „Multifunktions-Tool“ nennen würden. Oben ist es das Kreuz und die Siegesfahne, unten allerdings ein Spaten.
Szenenwechsel: Dann ist da nämlich noch der Osterpsalm 118,22-25:
Der Stein, den die Bauleute verworfen haben, ist zum Eckstein geworden. Das ist vom Herrn geschehen und ist ein Wunder vor unsern Augen. Dies ist der Tag, den der Herr macht; lasst uns freuen und fröhlich an ihm sein. O Herr, hilf! O Herr, lass wohlgelingen!
Jesus Christus ist und bleibt der Eckstein unserer Vorhaben, jetzt auch beim Bau des Gartensaals und der Renovierung des Altbaus. Es ist ein gutes Zeichen, dass wir mit dem Bau endlich beginnen können, in der Osterwoche Anno Domini 2020 und mit dem Wunsch von Vers 25.
Ich werde jetzt sehr oft einen Spaziergang zur Baustelle Stiftplatz 9 machen und gucken, was gerade passiert. Spaziergänge, die wir auch in Corona-Krisenzeiten nicht vernachlässigen dürfen, sind dann noch das Thema des Evangeliums am heutigen Ostermontag. Aber dazu gibt es eine wohlgelungene Andacht von Kollegin Mingo Albrecht und Vikar Andreas Bartholl auf unserer Website.
Einen sonnigen Ostermontag im Garten und unterwegs auf einem Spaziergang wünscht Ihnen und Euch
Glockengeläut der Münsterkirche St. Alexandri Einbeck
Begrüßung:
Christus ist auferstanden! - Er ist wahrhaftig auferstanden!
Wir grüßen Sie herzlich, liebe Gemeindemitglieder, liebe Zuhörerinnen und Zuhörer, mit dem alten Osterruf, mit dem sich Christen und Christinnen durch die Jahrhunderte hindurch, in Glückszeiten genauso wie in große Krisen, frohe Ostern wünschen.
Wir feiern Ostern: Keine Osternachtsfeier, kein Osterfrühstück in großer Gemeinschaft. Das ist ungewöhnlich für uns, aber in diesem Jahr notwendig. Es soll helfen, Not zu wenden. Es soll helfen, das für manche von uns lebensgefährliche Coronavirus einzudämmen.
Die Not wendet sich, das Leben siegt. Das erfahren die Jünger Jesu Ostern. Der Tod hat nicht das letzte Wort. Jesus ist auferstanden. Er lebt und mit ihm die Hoffnung, dass die Bedrohungen des Lebens ein Ende haben werden. Mit ihm sehen wir über das hinaus, was jetzt das Herz schwer macht und erhoffen Zukunft für uns und füreinander. Neues Leben wird uns blühen.
Möge die Osterbotschaft uns erreichen und uns mit Hoffnung erfüllen. Amen
Lied: Evangelisches Gesangbuch Nr. 99,1-3 „Christ ist erstanden“
Hinführung zur Lesung des Evangeliums:
Zwei Tage nach den Tod Jesu ist nichts mehr zu sehen von seiner Jüngerschar, einzeln oder in kleine Gruppen verstreut und versteckt, trauern sie; verschreckt, verstört, in Angst auch um das eigene Leben. Fast zeitgleich an verschiedene Orten, völlig unerwartet, historisch nicht fassbar, geschieht das, was sie kaum in Worte fassen können: Ihnen erscheint der auferstandene Jesus.
Wie Kleopas und ein weiterer Jünger das erleben, erzählt Lukas so:
Evangeliumslesung Lukas 24, 24,13-35 ( in Anlehnung an Anne Gidion, Übertragung in leichter Sprache , in „Leicht gesagt!“ 2013)
Zwei von den Jüngern waren auf dem Weg in das Dorf Emmaus, etwa zwei bis drei Stunden Fußweg von Jerusalem entfernt. Sie sprachen miteinander über all das, was mit Jesus geschehen war. Plötzlich kam Jesus selbst hinzu und ging neben ihnen her. Aber sie erkannten ihn nicht, denn ihre Augen waren gehalten. Er fragte sie: Worüber redet ihr? Sie blieben traurig stehen. Einer von ihnen - er hieß Kleopas - antwortete: Bist du so fremd in Jerusalem, dass du als Einziger nicht weißt, was in diesen Tagen dort geschehen ist? Er fragte sie: Was denn? Sie antworteten: Das mit Jesus aus Nazaret. Er war ein Prophet. Er hatte Vollmacht von Gott. Aber unsere Hohepriester und Führer verurteilten ihn zum Tod. Sie ließen ihn ans Kreuz schlagen. Wir hatten gehofft, Jesus wird Israel erlösen. Heute ist schon der dritte Tag, seitdem das alles geschehen ist. Jetzt haben uns auch noch einige Frauen aus unserem Kreis haben uns in große Aufregung versetzt. Sie waren in morgens ganz früh beim Grab. Aber sie fanden seinen Leichnam nicht. Das Grab war leer. Dann haben sie Engel gesehen. Die sagten: Jesus lebt. Einige von uns gingen danach zum Grab. Es war so, wie die Frauen gesagt hatten; aber Jesus fanden sie nicht.
Da sagte er zu ihnen: Oh ihr seid ja unverständig. Ist euer Herz zu träge, um zu vertrauen, was die Propheten gesagt haben? War es nicht notwendig, dass der Gesalbte das erlitten hat und in seinen Lichtglanz hineinging? Und er erklärte ihnen, was in der gesamten Schrift über ihn geschrieben steht. Und begann dabei bei Mose und den Propheten. So erreichten sie das Dorf, zu dem sie unterwegs waren. Jesus tat, als wollte er weitergehen. Sie baten ihn: Bleibe bei uns; denn es wird Abend. Der Tag geht zu Ende! Er blieb. Er setzte sich mit ihnen an den Tisch. Er nahm das Brot. Er dankte dafür. Er brach es und teilte mit ihnen. Da wurden ihre Augen aufgetan und sie erkannten ihn; im gleichen Moment verschwand er. Und sie sagten zueinander: Brannte nicht unser Herz in uns, als er auf dem Weg mit uns redetet und uns den Sinn der Schriften erklärte? Noch in derselben Stunde standen sie auf und kehrten nach Jerusalem zurück. Dort kamen sie zu den anderen Jüngern und Jüngerinnen. Diese sagten: Der Herr ist wirklich auferstanden und ist dem Simon erschienen. Und die Beiden erzählten, was auf ihrem Weg geschehen war und wie er beim Brotbrechen von ihnen erkannt wurde.
Lied:Evangelisches Gesangbuch Nr. 116, Vers 1 „Er ist erstanden, Hallejuja“
Kurzpredigt
Jesus ist auferstanden. Das klingt unglaublich. Für die Menschen damals genauso wie für uns heute. Es sprengt ihr Wirklichkeitsverständnis. Etwas Neues geschieht mit ihnen, was sie nicht für möglich hielten.
Lukas schreibt: Die Jünger können den auferstandenen Jesus zunächst nicht erkennen, weil ihre Augen gehalten sind. Sie können nicht über das hinausblicken, was geschehen ist.
Das kenne ich. Mir ging es ähnlich, als meine Mutter auf der Palliativstation starb. Ich sah kaum, was im Alltag um mich herum geschah. Es brauchte Zeit, um wieder darüber hinauszublicken.
Die Augen gehalten: dazu gibt es zur Zeit viele Anlässe. Mir gehen die aktuellen Bilder von Intensivstationen nicht aus dem Kopf. Menschen verborgen hinter Apparaten und Schläuchen – ohne jemanden an ihrer Seite, der die Hand hält.
Mir gehen auch die Bilder nicht aus dem Kopf von Kindern an den Grenzzäunen Europas, barfuß, zwischen Müllsäcken spielend, unter improvisierten Zeltplanen auf den Boden schlafend.
Die Augen gehalten: das kann durchaus sinnvoll sein, zumindest in dem Sinn, dass wir Leid überhaupt bereit sind zu sehen; Leid wahrnehmen - als wahr gelten lassen - und uns zu Herzen nehmen, was uns und anderen geschieht.
Jesus macht das in der Begegnung mit den Jüngern so. Er lässt sie von ihrem Erschrecken und ihrer Trauer erzählen. Er hört ihnen geduldig zu.
Um dann ihren Blick behutsam über ihren aktuellen Horizont hinauszuheben, damit sie das Neue sehen können - über den Schrecken, die Not, den Tod hinaus.
Und mit ihrem Herzen begreifen: Die Liebe Jesu ist nicht tot zu kriegen. Sie steht immer wieder neu auf. Sie knüpft an das an, was sie mit Jesus schon war: das Brotbrechen, das Teilen, das gegenseitige Einladen und Beherbergen.
Indem wir es tun, lebt Christus unter uns auf.
Wir feiern Ostern. Wir vertrauen und hoffen: Christus ist auferstanden. Mit ihm sehen wir über den Tod hinaus. Wir sehen neues Leben.
Schon jetzt, auch in den aktuellen Krisen unserer Zeit, wird es sichtbar in den Vielen, die aufstehen und Zeichen des Lebens schenken: Fürsorge, Pflege, Einsatz zum Leben für andere.
Schon jetzt wird es erfahrbar, wenn mir Menschen, die dem Tod nahe sind, sagen: Meine Angst hält sich in Grenzen, ich bin gespannt, was kommt.
Auferstehung mitten im Leben.
Die Splitter, die wir Karfreitag in das Kreuz gelegt haben – alle die Verletzlichkeiten des Lebens, unsere Sorgen, Nöte und Ängste- bei Christus sind sie aufgehoben, bei dem, über den der Tod nicht mehr herrscht.
So hoffen und vertrauen wir, dass für uns durch die Kraft der Auferstehung das Leben neu erblüht und über das Gestern hinauswächst.
Dem Tod zum Trotz feiern wir das „unverlässliche Leben“ – wie es Rose Ausländer in einem ihrer Gedichte ausdrückte.
Es ist unverlässlich, denn ich weiß nicht was kommen wird. Aber es verlässt mich nicht, denn es hat Ursprung und Ziel in Gott. Ich bin nicht verlassen. Selbst im Tod nicht.
Ostern sehen wir auf das, was an Gutem schon jetzt aufblüht und nehmen es als Zeichen dafür, dass Gott Neues mit uns vorhat, Leben aufblühen lassen will – uns auch in dieser Krisenzeit das finden lässt, was wir gegenseitig zum Leben brauchen und was zum Leben hilft, Perspektive hat, Mitmenschlichkeit statt Eigennutz, Ehrfurcht vor dem Leben statt Abwertung des Lebens. Ein neues Leben wird uns blühen. Frohe Ostern.
Lied: Evangelisches Gesangbuch 116,2 „Er ist erstanden, Hallejuja“
Kreuzbegrünung und Gebet
Das Osterfest zeigt mir:
Das, was uns Leben dunkel macht, muss nicht das letzte Wort haben. Das Reich der Gewalttäter, die Jesus ans Kreuz schlugen, ist kurze Zeit später in sich zusammengebrochen. Die Botschaft der Auferstehung, die Liebe Christi überdauert. Zeichenhaft lassen wir die Osterfreude in das Kreuz hineinwachsen:
Wir danken dir, Christus, du lässt das Leben neu erblühen.
Wir danken für alle Hoffnungszeichen.
Wir danken dir für Menschen, die uns freundlich begegnen und uns unterstützen.
Wir danken für die Menschen, die andere pflegen, umsorgen, heilen
Wir danken für ermutigenden Worte und Gesten.
Wir danken für die, jetzt in den Flüchtlingslagern Hoffnung und Perspektiven schenken
Wir danken für alle, die aufstehen für das Leben.
Wir danken dir, Christus, du lässt das Leben neu erblühen.
Vater unser im Himmel Geheiligt werde dein Name. Dein Reich komme. Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden. Unser tägliches Brot gib uns heute. Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern. Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen. Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.
Segen:
Seien Sie gesegnet durch Jesus Christus mit österlicher Freude:
Der HERR segne dich und behüte dich; der HERR lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig; der HERR hebe sein Angesicht über dich und gebe dir Frieden. Amen
Eine kleine Andacht von Pastor Daniel Konnerth aus der Münsterkirche St. Alexandri Einbeck
(Anzünden der Osterkerze)
Christus, Licht der Welt!
Das Osterlob (Exsultet) Frohlocket nun, ihr Engel und himmlischen Scharen, frohlocket, ihr Wunderwerke Gottes; die Posaune des Heils erschalle und preise den Sieg des ewigen Königs.
Es freue sich auch die Erde, erhellt vom strahlenden Lichte, und, vom Glanze des ewigen Königs erleuchtet, erkenne sie, wie auf der ganzen Welt die Finsternis gewichen.
Es freue sich auch die Kirche im herrlichen Glanze solchen Lichtes, und der Lobgesang seines Volkes erfülle das Haus unsers Gottes.
Darum, liebe Schwestern und Brüder, ihr Zeugen des Osterlichtes, rufet mit mir an die Barmherzigkeit des allmächtigen Gottes, dass er, der uns zu der Schar seiner Kinder hinzugezählet hat, uns mit der Klarheit seines Lichtes erfülle und unser Loblied bekräftige.
Durch Jesus Christus seinen Sohn, unseren Herren, der mit ihm und dem Heiligen Geiste lebet und regieret von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.
Nada te turbe (Nichts soll dich ängsten), Evangelisches Gesangbuch Es singen (am Klavier in der Münsterkirche: Kantorin Ulrike Hastedt):
Andreas Bartholl Luise Deichmann Steffi Deichmann Ulrike Hastedt Daniel Konnerth
Für mich hat der Ostersonntag viel mit „geschärften Sinnen“ zu tun. Und das hängt mit dem frühen Aufstehen zusammen, denn wenn man an einer Osternachtsfeier mitwirkt, die um halb sechs oder sechs Uhr beginnt, dann schläft man wenig. Wenn ich in diesem Frühgottesdienst singe, dann bin ich aufgeregt und komme gut vorher in der Kirche an und taste mich durch die nur von Teelichtern beleuchtete Münsterkirche bis zur Treppe auf den Hochchor. Und es wird Ostern, wenn ich die schwere Osterkerze trage und auf den Altar zugehe und singe: „Christus, Licht der Welt“. Sehen, Hören und Fühlen sind dann schon höchst aktiviert und das Schmecken und Riechen kommt später beim Osterfrühstück in der Krypta dazu.
Alle fünf Sinne beieinander zu haben, das ist ein echtes Ostererlebnis. Und so feiern wir dieses Fest ja auch, als ein Fest des Lebens, des Wiederfindens, der Wunder und der Liebe. Und dann gehört noch der Sinn für Humor zum Osterfest.
Den Tod auszulachen ist ein risikoreiches Unternehmen:
„Die Welt ist mir ein Lachen mit ihrem großen Zorn, sie zürnt und kann nichts machen, all Arbeit ist verlorn. Die Trübsal trübt mir nicht mein Herz und Angesicht, das Unglück ist mein Glück, die Nacht mein Sonnenblick.“
So dichtet Paul Gerhardt in seinem Osterlied (EG 112, 5). Durch Ostern wird alles umgewertet, die Regeln der Welt sind auf den Kopf gestellt. Er schreibt das am Ende des 30jährigen Krieges, als die machtpolitische Gesamtsituation noch unklar war und Teile Zentraleuropas verwüstet und entvölkert waren. Es ist ein fast apokalyptischer Sinn für Humor, den der große Glaubenslieder-Dichter uns besingen lässt.
Aber auch wir in unserer jetzigen Situation sollten diesen Humor der Oster-Revolution aufbringen. Wir wissen nicht genau, wie es weitergehen wird. Wir wissen aber, dass, egal, was für Kapriolen der Lauf der Zeit noch schlägt, wir diejenigen sein sollen, die sagen können: Wer zuletzt lacht, lacht am besten:
„Dann wird unser Mund voll Lachens und unsre Zunge voll Rühmens sein. Da wird man sagen unter den Völkern: Der Herr hat Großes an ihnen getan! Der Herr hat Großes an uns getan; des sind wir fröhlich.“ (Ps 126, 2+3)
Nach dem Frühgottesdienst an Ostern mit Osterfrühstück kann es sein, dass man als Pastorin auch noch um 10 Uhr einen weiteren Gottesdienst feiert. Und danach tritt ein eigenartiger Zustand ein, den mein Vater, gestandener Pastor, einmal so umschrieb: „Der Herr mag auferstanden sein, aber ich leg mich jetzt erst einmal hin.“
Auf all das müssen wir heute leider verzichten. Wir wissen, was wir vermissen und hoffen auf das nächste Jahr.
Christus ist auferstanden! Er ist wahrhaftig auferstanden! Halleluja
die bedrückenden Tage der Karwoche liegen hinter uns.
Doch Ostern ist noch nicht angebrochen.
Wir erleben die Spannung zwischen Erstarren und Neu-zum-Leben-Finden.
Paulus schreibt:
Denn wir wissen, dass die ganze Schöpfung bis zu diesem Augenblick mit uns seufzt und sich ängstet.
Die Schöpfung ist ja unterworfen der Vergänglichkeit.
Nicht allein aber sie, sondern auch wir sehnen uns nach der Erlösung unseres Leibes.
Denn wir sind zwar gerettet, doch auf Hoffnung.
Liebe Gemeinde,
Dornröschen war ein schönes Kind.
Können Sie sich noch an das Märchen der Gebrüder Grimm erinnern?
Eine böse Fee prophezeit: Die Königstochter werde sich im Alter von 15 Jahren an einer Spindel stechen und daran sterben.
Eine gute Fee kann den Fluch zwar nicht aufheben, aber doch abmildern:
Dornröschen soll 100 Jahre lang schlafen.
Obwohl der König alle Spindeln in seinem Reich einsammeln und verbrennen lässt, geht die Prophezeiung doch in Erfüllung.
Im Turm des Schlosses entdeckt Dornröschen eine alte Frau an einem Spinnrad und beim Versuch selbst Flachs zu spinnen, verletzt sie sich und fällt sofort in einen todesartigen Schlaf. Und mit ihr das ganze Schloss.
König und Königin, der ganze Hofstaat, Pferde, Hunde und sogar die Fliegen an der Wand. Rings um das Schloss wächst eine riesige Dornenhecke, so dass vom Schloss bald nichts mehr zu sehen ist.
Viele Prinzen kommen und versuchen vergeblich, die Dornenhecke zu durchdringen. Erst nach 100 Jahren gelingt es einem Königssohn, ins Schloss zu gelangen und Dornröschen mit einem Kuss aufzuwecken.
In diesem Augenblick wacht auch das ganze Schloss wieder auf. Die beiden heiraten und „wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute.“
Und was hat dieses Märchen mit Karfreitag und Ostern zu tun? werden Sie nun fragen.
Ein Märchen, wo wir doch in dieser Zeit an den Kern unseres christlichen Glaubens erinnern:
An die Überwindung des Todes durch Christus.
Ja, ich denke, wir befinden uns in der Situation des verwunschenen Schlosses.
Es ist ganz vom Tod umfangen.
Dornröschen ist das Bild des liebenswerten, aber vom Stachel des Todes verwundeten Menschen.
Wir können noch so große Anstrengungen unternehmen – die Todesspindel wird jeden und jede von uns verletzen.
Und das Schloss ist das Symbol für die Welt.
Denn nicht nur wir, die ganze Natur und Kreatur ist dem Tod verfallen.
Wir müssen sterben. Alles in der Welt ist endlich.
Die Hecke zeigt: Der Tod in all seinen Formen hat unsere Welt fest im Griff:
Niemand kann sich selbst vom Todesschlaf aufwecken; niemand kann sich selbst aus diesem Gefängnis befreien.
Das Märchen beschreibt genau die Situation in der wir uns befinden.
Wir sind vom Tod umfangen und warten voller Sehnsucht auf den Retter.
Wir sind heute am Karsamstag am Dreh und Angelpunkt unseres Glaubens.
Wir glauben, dass der Königssohn, der uns befreien kann, wirklich existiert. Dass die Zeit reif ist, für den Retter, der die Dornenhecke des Todes durchdringen wird.
Wir glauben, dass Jesus Christus, Königssohn,
den Gott selber vom Todesschlaf auferweckt,
auch uns aus der Macht des Todes befreit.
Dass der Tod eben nicht das letzte Wort über uns hat.
Da kommt einer, der durchdringt die Dornenhecke des Todes.
Einer weckt uns auf. Einer schenkt uns neues Leben.
Er ist nahe. Nur eine kleine Weile.
Er kommt mit dem Licht der Morgensonne.
Der Prinz weckt die Königstochter mit einem Kuss auf.
Das heißt übersetzt in die Sprache unseres Glaubens:
Die Liebe ist stärker als der Tod.
Die Liebe vermag Erstarrungen zu lösen.
Jesus hat diese Liebe gepredigt.
Er hat diese Liebe gelebt.
Viele Menschen wurden gesund davon.
Einige sogar wieder lebendig.
Wer Gottes Liebe erfahren hat, brennt darauf, sie weiterzugeben.
Diese Liebe löst die Todesstarre.
An unserer Liebe können andere Menschen entdecken, dass unser Glaube mehr ist als ein frommes Märchen. Amen.